Joska Pintschovius

Der Bürgerkaiser

Wilhelm II.

Osburg-Verlag Berlin 2008 540 Seiten 26,90 €

Der Bürgerkaiser Wilhelm II.

Mit Joska Pintschovius' „Der Bürgerkaiser Wilhelm II.“ liegt nun bereits die vierte Neuerscheinung zum 150. Geburtstag Kaiser Wilhelms II. vor. Ähnlich wie Eberhard Straub und Christopher Clark sieht auch dieser Autor die bisher übliche Dämonisierung und Diffamierung des Kaisers und seiner Epoche als völlig überholt und nicht faktenbasiert an.

Der „ideologiebefrachteten Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts“ (Pintschovius) stellt der 1941 geborene Volkskundler und Sozialhistoriker eine solide, gut lesbare, keineswegs unkritische 500-Seitenbiographie entgegen. Sie zeichnet den Monarchen vor allem als modernen, fast bürgerlichen Volkskaiser und konstitutionellen Herrscher, der den Frieden in Europa bewahren wollte und dabei 25 Jahre lang erfolgreich war.

Es dominiert die innenpolitische und kulturpolitische Dimension. Detailliert und umfassend schildert der Autor die Vielseitigkeit des Kaisers: Architektur, Wissenschaft, Kunst, Kirchenbauten, selbst Wilhelms Unterstützung der Polarexpeditionen und dessen Interesse an Astronomie sind Thema des Buches, das das Leben Wilhelms II. vor dem Hintergrund der „Zeitenwende“ des 19./20. Jahrhunderts lebendig erzählt. Sehr lobenswert sind die zahlreichen Zitate aus Reden, Memoiren („Erinnerungen des Kronprinzen Wilhelm“, „Ereignisse und Gestalten“) und anderen Zeitdokumenten, die dem heutigen Leser damit zugänglich sind.

Besonders ergiebig sind die Ausführungen zum oft verheerenden kontraproduktiven Einfluß der agitatorischen Verbände und Parteien im kaiserlichen Deutschland, auf die der Monarch gezwungenermaßen Rücksicht nehmen mußte.

Der Autor hat sich umfassend durch die Quellen gearbeitet; so werden durchweg viele interessante, heute weitgehend vergessene Tatbestände aufgezeigt, wie z.B. die Ernennung des bürgerlichen Außenseiters Johannes Miquel zum Finanzminister im Jahre 1890 – eine der ersten Amtshandlungen des jungen Kaisers, die eine tiefgreifende Steuer- und Finanzreform zur Folge hatte, die die Basis für den weiteren wirtschaftlichen Aufstieg Deutschlands legte.

Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges und dem Ende der Monarchie bricht das Buch abrupt ab, was verkraftbar ist, schließlich sind die Jahre des Ex-Kaisers im Exil anderswo ausführlich beschrieben.

Fazit

Der Autor hat wenig Sympathie für das Ende der Monarchie, seine Skepsis den massendemokratischen Heilsversprechungen gegenüber zieht sich durch das gesamte Buch. Man kann dem Autor nur beipflichten und dem Band viel Erfolg, auch als weiteres Gegengewicht zum unseriös einseitigen Werk von John C.G. Röhl, wünschen.