Der Beginn unserer Katastrophe

Das deutsche Unglück begann mit dem Jahr 1918

von Dr. Karlheinz Weißmann

Wenn die ehemaligen Siegermächte des Ersten Weltkriegs den 11. November feierlich begehen, so hat das seinen Grund nicht nur darin, daß man am „Waffenstillstandstag“ oder „Tag des Sieges und des Friedens“ der Gefallenen gedenken will, sondern auch darin, daß das Erinnerungsbild von Briten und Franzosen ein anderes ist als das der Deutschen.
Um genau zu sein: ein anderes war als das der Deutschen.

Denn hierzulande verliert sich im Zeichen gelungener Verwestlichung allmählich das Bewußtsein, daß die Deutschen nichts zu feiern haben, wenn es um das Datum 1918 geht, noch weniger, als im Hinblick auf das Datum 1945.

Das deutsche Unglück begann mit dem Jahr 1918,

Die englische und US-Propaganda im Ersten Weltkrieg stilisierte die Deutschen als „Hunnen“-Bestien.
  • weil die Politik der Sieger von Anfang an auf Irreführung beruhte und die deutsche auf Illusion, weil die Verhetzung der Briten, Franzosen, Italiener und Belgier, denen man die Deutschen als „Menschheitsfeinde“, „Hunnen“ und „Schweine“ präsentiert hatte, nicht rückgängig zu machen war,
  • weil der Krieg gegen Deutschland nach dem Abschluß des Waffenstillstands fortgesetzt wurde, „alle gegen einen, wenn auch ohne Sprengstoffe“ (Walther Rathenau),
  • weil man die Entwaffnung der Deutschen betrieb, um sie jeder Forderung unterwerfen zu können,
  • weil die von Großbritannien gegen Deutschland bis zum Juni 1919 aufrechterhaltene Hungerblockade 1 Million Ziviltote forderte – vor allem Kinder, Frauen, Alte und Kranke,
  • weil die Alliierten die ersten großen Vertreibungen in Mitteleuropa ins Werk setzten oder duldeten,
  • weil man unsere Nation demütigte und ihr alle Rechte vorenthielt, die großartig als „universal“ und „ewig“ deklariert worden waren,
  • weil man Deutschland den Versailler Vertrag – diese „Friedensvertrag genannte Kriegserklärung“ (Gustav Bauer) – aufzwang,
  • weil man damit ein tiefes Mißtrauen gegen die westliche Demokratie einpflanzte, die offenbar nur ein Herrschaftsmittel wie alle anderen war.
Nach Artillerie-Volltreffer gefallene deutsche Soldaten

Der 11. November 1918 beendete das Sterben an den Fronten im Westen, der Kampf im Osten dauerte an und wurde von deutschen Soldaten getragen, die unter Befehl der Entente gegen bolschewistische Truppen zu fechten hatten, er begann neu in den Gebieten, die fremden Herren ausgeliefert wurden, und an den inneren Fronten eines Bürgerkrieges, den die Sieger wesentlich mitverursacht hatten.

Zwischen dem Waffenstillstand und dem Inkrafttreten des Versailler Vertrags stand Deutschland unter der dauernden Drohung eines alliierten Einmarschs, mußte mit schwächer werdenden Kräften Aufstands- und Separationsversuche abwehren, die mit fremdem Geld finanziert wurden, und einen vollständigen Kollaps der inneren Ordnung verhindern. Das alles in dem Bewußtsein, daß die Sieger – so oder so – den Vorwand deutscher Alleinkriegsschuld nutzen würden, um das Land wirtschaftlich auszubluten.
Ein Amerikaner, der Ölmagnat Paul Getty, hat geurteilt: Der Vertrag von Versailles „war rachsüchtig, er legte Deutschland unbezahlbare Reparationen auf, der dümmste Student der Wirtschaftswissenschaften sah sogleich, daß eine nur notdürftig funktionierende deutsche Wirtschaft auf diese Weise total zerrüttet werden mußte. Die als Strafe gedachten Artikel dieses Vertrags mußten in Deutschland eine heftige nationalistische Reaktion in Gang setzen. Ein vernünftigerer und gerechterer Friede an Stelle des Vertrages von Versailles hätte zwischen 1919 und 1932 in Deutschland ein demokratisches System befestigt.

Fazit

Der 11. November mag Deutsche an eine nationale Katastrophe erinnern, auch an die erste Phase des „Dreißigjährigen Krieges“ zwischen 1914-1945. Zu feiern gibt es nichts. Wer das verkennt, hat – gegen jede Beteuerung – nichts verstanden vom Besonderen unserer Geschichte im 20. Jahrhundert.