Was vom Kaiser bleibt – unser Erbe der wilhelminischen Epoche:

Architektur und Bauten

Wilhelm II. war in architektonischen Fragen ein Anhänger des Historismus, besonders der Neo-Romanik und der Neo-Renaissance. Damit entsprach er dem damaligen Zeitgeschmack.
In den langen Jahren seiner Regierungszeit nahm der Monarch auf eine Vielzahl bedeutender Bauten maßgeblichen Einfluß, vor allem in der Hauptstadt Berlin und der Residenzstadt Potsdam. Einige Bauwerke, die den Krieg überdauert haben und noch heute existieren, sollen hier vorgestellt werden.

Berlin-Mitte: Bode-Museum (Kaiser-Friedrich-Museum)
Kaiser-Friedrich-Museum im Jahre 1906

Das im neobarocken Stil als Kaiser-Friedrich-Museum (zum Gedenken an den Vater Wilhelms II., den „99-Tage-Kaiser“ Friedrich III.) errichtete Bauwerk liegt am Nordende der Berliner Museumsinsel.

Die mächtige, stuckverzierte Kuppelhalle und die zweiläufige Treppe verliehen dem auf einem annähernd dreieckigen Grundriß basierenden Gebäude schon bald nach der Eröffnung 1904 den Ruf eines „Museumspalastes“.

In der Tat sollte das Haus als dynastische Ruhmeshalle der Hohenzollerndynastie einerseits und als Gesamtschau der Renaissancekunst (Malerei, Skulptur und Mobiliar gemischt) dienen.

Nach siebenjähriger Bauzeit unter der Leitung des bevorzugten Architekten des Kaisers, Ernst Eberhard von Ihne (1848-1917), am 18.10.1904 eingeweiht, erlitt das Haus durch die Bombenangriffe des Zweiten Weltkrieges nur glimpfliche Schäden.

Das DDR-Regime benannte das Museum 1957 in „Bode-Museum“ um.

Wilhelm (von) Bode (1845-1929) war als Generaldirektor der preußischen Museen maßgeblich für den Ausbau der Sammlungen der Museumsinsel in Berlin-Mitte verantwortlich („Museenpapst der Berliner Museen).

Das Bode-Museum wurde im Oktober 2006 nach langjähriger Renovierung feierlich wiedereröffnet und empfing seitdem hunderttausende begeisterte Besucher.

1957 in Bode-Museum umbenannt, wurde es 2006 vollständig renoviert wiedereröffnet

Aus der Eröffnungsrede Kaiser Wilhelms II. am 19.10.1904:
Daß die Sammlungen dieses Museums zu einer einheitlichen Weiterentwicklung der Kunst auf nationaler Grundlage beitragen möchten, ist mein heißer Wunsch und entspricht – des bin ich gewiss – in besonderem Maße den Zielen Kaiser Friedrichs. Und so möge der Segen Kaiser Friedrichs auch ferner über diesem Hause und über unserer Kunst walten.

Berlin-Mitte: Berliner Dom

Der Berliner Dom ca. 1910Das im Stil der italienischen Hochrenaissance konzipierte Gotteshaus wurde nach 11jähriger Bauzeit an die Stelle seines friderizianischen Vorgängerbaus (später umgebaut durch Schinkel) gesetzt. Wilhelm II. beabsichtigte mit einem prunkvollen-majestätischen Gebäude in entsprechender Größenordnung einen „Petersdom des Protestantismus“ zu schaffen und beauftragte Julius Raschdorff mit den Plänen.

Die Hauptfassade zum Lustgarten wird durch die hochaufstehende Tambour-Kuppel mit den beiden flankierenden Westtürmen beherrscht.

Der Kaiser weihte die Kirche am 27.2.1905 ein. Der Dom war das einzige Gebäude, das auf Geheiß des Monarchen an Höhe das benachbarte Berliner Schloß überragen durfte, damit die natürliche Hierarchie sinnbildlich eingehalten wurde: Gott-Kaiser-Parlament

Der Berliner Dom heute

Der ursprünglich dreiteilig angelegte Bau (Gruftkirche, Predigtkirche und Taufkirche) erlitt im Zweiten Weltkrieg durch Bombenangriffe schwere Schäden.

Die Gruftkirche der Hohenzollern an der Nordseite des Hauses wurde 1975 durch das DDR-Regime abgerissen.

Die Wiedereröffnung erfolgte nach langen Renovierungsarbeiten im Jahre 1994, allerdings nicht in vollständig originalgetreuem Stil (erkennbar u.a. an den Türmen).

Berlin-Charlottenburg: Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche
Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche ca. 1900Die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche auf dem Ku'damm heute

Zur Erinnerung an den Großvater Wilhelm I. und den preußisch-deutschen Sieg bei Sedan (1870) ließ Wilhelm II. von Franz Heinrich Schwechten diese Kirche im neoromanischen Stil im westlichen Zentrum Berlins (Ku'damm) errichten. Bei der Einweihung 1895 war sie mit 113 Metern Höhe das höchste Bauwerk Berlins. Für die Kirche selbst und für die gesamte Randbebauung des Auguste-Viktoria-Platzes hatte der Kaiser den romanischen Baustil festgelegt. Das gesamte Areal sollte als romanisches Forum entstehen.

Im Narthex der alten Kirche (Bauzeit 1890-1895) sind noch heute Mosaiken mit der Ahnenfolge Wilhelms II. und dessen Gemahlin Auguste Viktoria erhalten, endend mit dem Kronprinzen Wilhelm.

Nach schweren Bombentreffern im Zweiten Weltkrieg wurde die Ruine in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts in einen modernen oktagonalen Neubau einbezogen.

Video: Erhaltene Mosaiken in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche
Berlin-Mitte: Reichstagsgebäude
Der Reichstag ca. 1900

1882 konnte der Frankfurter Architekt Paul Wallot den ausgeschrieben Wettbewerb zum Bau des Reichstages für sich entscheiden. Wallot verfolgte dabei den Plan, unterschiedliche regionale deutsche Baustile in das Gesamtprojekt zu integrieren, um dem neu geschaffenen, durchaus föderal strukturierten Deutschen Reich symbolisch eine Entsprechung zu geben. Planung und Grundsteinlegung folgten noch unter der Regierung Wilhelms I., des Großvaters Wilhelms II.

Am 5.12.1894, im siebenten Regierungsjahr Wilhelms II., wurde der Reichstag fertiggestellt und seiner Bestimmung als gesamtdeutscher Parlamentsbau übergeben.

Mit dreifachem Hammerschlag und den Worten „Pro patria et gloria“ setzte Wilhelm II. den Schlußstein zu diesem Symbol der konstitutionellen Monarchie.

Die mächtige Kuppel – eine moderne Stahl-Glaskonstruktion – war ein typisches Symbol des gewaltigen technischen Fortschritts der wilhelminischen Epoche. Da Kaiser Wilhelm II. dem parlamentarischen Treiben nur wenig Achtung schenkte, konnte er dem repräsentativen Bau nie sehr viel abgewinnen und verspottete es gelegentlich mit Ausdrücken wie „Reichsaffenhaus“ oder „Schwatzbude“.

Heute ist der Reichstag Sitz des Deutschen Bundestages

Der Schriftzug „Dem deutschen Volke“ über dem Portikus konnte erst sehr viel später (1916) angebracht werden, als symbolische Konzession des Monarchen an das Parlament. Vom Westbalkon des Gebäudes verkündete der Sozialdemokrat Scheidemann am 9.11.1918 das Ende des Kaiserreiches und die Ausrufung der Republik.

In seiner kurzen Geschichte war es dem Reichstag bestimmt, eines der prägenden Symbole der deutschen Geschichte zu werden.

Potsdam: Kaiserbahnhof

Kaiser Wilhelm II. beauftragte seinen Hofarchitekten Ernst Eberhard von Ihne, in unmittelbarer Nähe des Parks Sanssouci in Potsdam eine geeignete Bahnstation für die kaiserlichen Salonzüge und Empfänge von hochrangigen Staatsgästen zu entwerfen.

Es entstand eine mächtige Halle mit einem Vorbau – dem eigentlichen Bahnhof – im englischen Landhaus-Stil. Der Sandsteinbau, der in den Jahren 1904 bis 1909 fertiggestellt wurde, trug den Namen „Hofstation im Wildpark“. Erster Gast des Kaisers war US-Präsident Theodore Roosevelt.

Der ehemalige Kaiserbahnhof in Potsdam, heute Führungsakademie der Deutschen Bahn

Von hier aus folgte Kaiserin Auguste Viktoria am 27. November 1918 ihrem Mann ins niederländische Exil. Am 17.4.1921 kehrte der Sarg mit ihrem Leichnam hierher zurück und wurde unter großer Anteilnahme des Volkes in Potsdam bestattet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Bahnhof erst zweckentfremdet und dann dem Verfall preisgegeben. 1999 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen, wurde der Bahnhof großzügig restauriert und beherbergt seit Juni 2005 die Führungsakademie der Deutschen Bahn. Einige historische Räumlichkeiten wie z.B. der Kaisersaal, der Gefolgesaal, die Kaisertreppe und die Gleishalle wurden wiederhergestellt.

Der Kaiserbahnhof ist gegenwärtig leider nicht öffentlich zugänglich.

Potsdam: Schloß Cecilienhof
Der Kronprinz mit seiner Frau Cecilie, nach der Schloß Cecilienhof benannt wurde

Wilhelm II. veranlaßte 1913 diesen letzten Schloßbau vor dem Sturz der Monarchie in Deutschland als Wohnstätte für die Familie seines ältesten Sohnes, des Kronprinzen Wilhelm (1882-1951), der 1905 Cecilie von Mecklenburg-Schwerin (1886-1954) geheiratet hatte, nach der das Schloß benannt wurde.

Architekt des im englischen Landhausstil errichteten Baus zwischen Jungfernsee und Heiligensee war der damalige Stararchitekt Paul Schultze-Naumburg. Wegen des Kriegsausbruchs konnte die Familie das Schloß erst im August 1917 beziehen. Die Familie bewohnte Cecilienhof bis 1945.

Schloß Cecilienhof in Potsdam heute

Im Sommer 1945 fand das Treffen der Siegermächte in diesem Gebäude statt (sog. „Potsdamer Konferenz“). 1995 wurde auch das Schloß Cecilienhof zum Weltkulturerbe der Unesco deklariert. Das Gebäude ist heute teils Hotel, teils Museum. Einziger noch im Originalzustand erhaltener Raum ist das sogenannte Kajütenzimmer der Kronprinzessin (Architekt Paul Ludwig Troost).

Berlin-Mitte: Königliche Bibliothek und Marstall

Zwei weitere Bauten aus der wilhelminischen Ära, die das Zentrum Berlins bis heute prägen, sollen hier genannt werden:In der ehemaligen Königlichen Bibliothek befindet sich heute die „Stiftung Preußischer Kulturbesitz“ (Unter den Linden 8)

Die ehem. Königliche Bibliothek – mit einem Grundriß von 170 m an der Nordseite der „Linden“ und 107 m Breite das größte Gebäude in Berlin-Mitte – entstand in den Jahren 1901-1914 ebenfalls unter der Federführung des Hofarchitekten von Ihne im neobarocken Stil, nachdem die bisherige Bibliothek schräg gegenüber („Kommode“ genannt) den Platzansprüchen nicht mehr genügte.

Der Neue Marstall beherbergt heute eine Musikhochschule

Heute beherbergt der Bau den Sitz der „Stiftung Preußischer Kulturbesitz, eine der beiden preußischen Nachfolgeorganisationen. Die heutige postalische Adresse ist „Unter den Linden 8“.

Ein weiterer Ihne-Bau, der zweistöckige Neue Königliche Marstall (1897-1900), befindet sich am Schloßplatz auf dem westlichen Ufer der Spree und ist heute Sitz einer Musikhochschule.

Köln: Hohenzollernbrücke mit Statue von Wilhelm II.
Wilhelm II.-Standbild neben der Hohenzollernbrücke in Köln

Eines der das Kölner Stadtbild am stärksten prägenden Bauwerke, die Hohenzollernbrücke, stammt aus wilhelminischer Zeit. Sie wurde von 1907 bis 1911 von Franz von Schwechten (Architekt der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche) in direkter Sichtachse des Kölner Doms im neoromanischen Stil mit dekorativen Brückentürmen und Portalen erbaut.

An den jeweiligen Brückenenden stehen Reiterdenkmäler der Könige von Preußen bzw. deutschen Kaiser: am östlichen Ufer Friedrich Wilhelm IV. und sein Bruder, Wilhelm I., linksrheinisch Friedrich III. und Wilhelm II. Diese Statue, von Louis Tuaillon entworfen, ist die einzige deutschlandweit, die Wilhelm II. auf einem Pferd reitend zeigt.
Am 6.3.1945 sprengten zurückweichende deutsche Truppen die Brücke. Beim Wiederaufbau 1945-1959 verzichtete man auf die zierenden Portale, die Brückentürme und die Straßentrasse.